Kuh-Projekt

Ethisch essen mit Fleisch

Eine Streitschrift über nachhaltige und ethische Ernährung mit Fleisch und die Missverständnisse und Risiken einer streng vegetarischen und veganen Lebensweise

Lierre Keith
Systemed Verlag, Lünen, 2013; broschiert, 251 Seiten, € 14,99

Vegetarismus und eine vegane Ernährung beziehungsweise Lebensweise liegen im Trend. Kein Wunder angesichts von Bildern unerträglicher Haltungsbedingungen bei Nutztieren. Es hilft jedoch nicht die Augen davor zu verschließen wie Fleisch, Eier, Milch und Butter produziert werden indem man alle tierischen Produkte nicht mehr isst, sagt die amerikanische Autorin Lierre Keith. In diesem Punkt muss man ihr Recht geben. Recht hat sie auch, wenn sie anzweifelt, dass eine rein vegane Lebensweise gesund sei für alle Menschen jeden Alters und jederzeit. Unser Großhirn und die menschliche Intelligenz benötigen hochwertige Fette und Vitamine wie sie in tierischen Produkten vorkommen. Es ist sehr schwierig, beinahe eine Wissenschaft für sich, alle lebensnotwendigen Inhaltstoffe aus tierischen Produkten auf vegane Weise zu essen. Zahlreiche Substanzen müssen als Nahrungsergänzungsmittel in Pillen und Pulverform geschluckt werden. Auch das hochwertige tierische Eiweiß ist insbesondere für Kinder und Senioren wichtig, wenn auch sicherlich in kleinerer Menge als bei uns allgemein üblich.

Recht hat Lierre Keith aber vor allem mit etwas anderem: ihrer Kritik an der vermeintlich ökologischen Lebensweise allein durch strengen Vegetarismus beziehungsweise vegane Ernährung. Das Zählen und Vergleichen der Kalorien in Getreide für die direkte Ernährung von Menschen oder für die Mast von Nutztieren ist nicht der passende Maßstab. Getreide beziehungsweise Kalorien aus Stärke allein ernähren die Menschen nicht, weiß die Autorin aus eigener Erfahrung zu berichten. Und bei der Ökobilanz schneidet das Fleisch von Rindern, die im Sommer auf der Weide im Nachbardorf grasten, gar nicht schlecht ab.

 

Sehr wichtig und bedenkenswert sind die Abhandlungen der Autorin zur Fütterung der Rinder, zu den krassen Fehlentwicklungen der intensiven Landwirtschaft. Hier ist ein Umsteuern erforderlich. Erforderlich ist auch die Abkehr von einem zu großen Konsum von Fleisch und Milchprodukten. Für die Gesundheit und eine nachhaltige Wirtschaftsweise unabdingbar ist eine neue Mentalität von "weniger ist mehr", der Konsum nachhaltig erzeugter Produkte vom Tier mit gutem Geschmack und gutem Gewissen. Das Buch ist ein Plädoyer dafür. Auch wenn vereinzelt lächerlich anmutende Vergleiche wirklich nichts zur Diskussion beitragen und nicht ernst genommen werden können, so ist doch die Wichtigkeit und Komplexität des Themas anhand von Daten und Fakten im Prinzip gut dargestellt.

Vegetarier genauso wie Nicht-Vegetarier sollten das kämpferische Buch unbedingt lesen.

Stefanie Goldscheider